2. März 2017

Bildungspolitsches Selbstverständnis

1. Die gesellschaftlichen Probleme der Gegenwart und Zukunft (Ökologie, Kriege, Armut usw.) sind auf demokratische Weise nur von Menschen zu lösen, die Eigenverantwortung und Demokratie leben können. Alternativschulen versuchen, Kindern, Lehrern und Eltern die Möglichkeit zu bieten, Selbstregulierung und Demokratie im Alltag immer wieder zu erproben. Das ist die wichtigste politische Dimension der Alternativschulen.

2. Alternativschulen sind Schulen, in denen Kindheit als eigenständige Lebensphase mit Recht auf Selbstbestimmung, Glück und Zufriedenheit verstanden wird, nicht etwa nur als Trainingsphase fürs Erwachsenen-Dasein.

3. Alternativschulen schaffen einen Raum, in dem Kinder ihre Bedürfnisse, wie Bewegungsfreiheit, spontane Äußerungen, eigene Zeiteinteilung, Eingehen intensiver Freundschaften, entfalten können.

4. Alternativschulen verzichten auf Zwangsmittel zur Disziplinierung von Kindern. Konflikte sowohl unter Kindern als auch Kindern und Erwachsenen schaffen Regeln und Grenzen, die veränderbar bleiben.

5. Lerninhalte bestimmen sich aus den Erfahrungen der Kinder und werden mit den Lehrern gemeinsam festgelegt. Die Auswahl der Lerngegenstände ist ein Prozeß, in den der Erfahrungshintergrund von Kindern und Lehrern immer wieder eingeht. Der Komplexität des Lernens wird durch vielfältige und flexible Lernformen, die Spiel, Schulalltag und das soziale Umfeld der Schule einbeziehen, Rechnung getragen.

6. Alternativschulen wollen über die Aneignung von Wissen hinaus emanzipatorische Lernprozesse unterstützen, die für alle Beteiligten neue und ungewohnte Erkenntniswege eröffnen. Sie helfen so, Voraussetzungen zur Lösung gegenwärtiger und zukünftiger gesellschaftlicher Probleme zu schaffen.

7. Alternativschulen sind selbstverwaltete Schulen. Die Gestaltung der Selbstverwaltung ist für Eltern, Lehrer und Schüler prägende Erfahrung im demokratischen Umgang miteinander.

8. Alternativschulen sind für alle Beteiligten ein Raum, in dem Haltungen und Lebenseinstellungen als veränderbar und offen begriffen werden können. Sie bieten so die Möglichkeit, Abenteuer zu erleben, Leben zu erlernen.

Auch Freie Alternativschulen (FAS) wollen und können in dieser Gesellschaft kein Insel-Dasein führen. Für viele verkörpern sie aber ein Stück weit die gelebte Utopie einer Lebens- und Lernkultur, die mit ihrer ganzheitlichen, solidarischen und basisdemokratischen Prägung zukunftsweisend ist. FAS erproben neue Umgangsweisen zwischen Erwachsenen und Kindern, alternative Lernformen und neue Formen des Schulehaltens. Sie stellen den Versuch dar, die Schule im Ganzen auf sich wandelnde gesellschaftliche Herausforderungen hin neu zu entwerfen.

Als Modelle einer Schule der Zukunft sind die FAS deshalb auch für die Entwicklung des allgemeinen Schulwesens von großer Bedeutung. Zahlreiche Publikationen, wissenschaftliche Untersuchungen und Beiträge in Funk und Fernsehen unterstreichen ihr beachtliches Innovationspotential. Freie Alternativschulen haben sich zu einer pädagogischen Bewegung mit eigenem Profil entwickelt.

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Wuppertaler Thesen


Seit 1978 finden ein- bis zweimal jährlich die sogenannten „Bundestreffen der Freien Alternativschulen“ statt, die in erster Linie dem gegenseitigen Erfahrungs- und Informationsaustausch dienen. Auf dem 16. Bundestreffen 1986 in Wuppertal wurden diese 8 Thesen verabschiedet, die das gemeinsame bildungspolitsche Selbstverständnis der Freien Alternativschulen dokumentieren.

siehe auch:

  • Grundsätze Freier Alternativschulen (MSB/bfas)
  • Bildung ist politisch (MSB/bfas)
  • www.freie-alternativschulen.de (bfas – Bundesverband der Freien Alternativschulen)